Experten diskutieren die Vorteile und die Zukunft von Nettotarifen in der Versicherungsbranche, obwohl deren Akzeptanz noch gering ist. Diese Tarife, die auf Provisionen verzichten und stattdessen auf Honorarbasis arbeiten, versprechen höhere Renditen für Kunden durch reduzierte Kosten. Trotz anfänglicher Skepsis und mangelnder Bekanntheit sehen Befürworter in ihnen eine Win-Win-Situation für Vermittler und Versicherte.
Nettotarife: Eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten
Nettotarife, auch Honorartarife genannt, sind Versicherungsverträge, die ohne Provisionen für Vermittler auskommen. Stattdessen zahlen Kunden ein Honorar direkt an den Berater. Dies führt zu einer deutlichen Reduzierung der Kosten, da Abschluss-, Verwaltungs- und Kapitalanlagekosten entfallen oder stark minimiert werden. Michael Scheerer und Martin Zimes von Nettowelt betonen, dass die zu erwartenden Auszahlungen bei Nettopolicen so viel höher sind, dass Kunden bereitwillig das Honorar zahlen. Eine Studie der Innofact AG aus dem Jahr 2019 zeigte, dass 77 Prozent der Befragten Interesse an Nettopolicen zeigten, nachdem ihnen das Prinzip erklärt wurde, obwohl 73,7 Prozent sie zuvor nicht kannten.
- Nettotarife reduzieren Kosten und erhöhen die Leistung von Altersvorsorgeprodukten.
Vorteile von Nettopolicen
Die Vorteile von Nettopolicen sind vielfältig:
- Geringere Kosten: Durch den Wegfall von Provisionen sind die Kosten einer Nettopolice meist deutlich geringer. Dies führt insbesondere bei Rentenversicherungen zu einem höheren Vermögen im Ruhestand.
- Keine provisionsbezogenen Kosten: Bei Beitragserhöhungen oder Zuzahlungen fallen keine zusätzlichen provisionsbezogenen Kosten an.
- Reduzierte Interessenkonflikte: Bei einer unabhängigen Honorarberatung, bei der ein aufwandsbezogenes Honorar berechnet wird, werden nachteilige Interessenkonflikte minimiert.
- Transparenz: Die Kostenstruktur ist transparenter, da das Honorar direkt vom Kunden gezahlt wird und nicht in den Beiträgen versteckt ist.
Herausforderungen und Nachteile
Trotz der Vorteile gibt es auch Herausforderungen und Nachteile:
- Honorarzahlung: Viele Kunden sind es nicht gewohnt, für Finanzberatung direkt zu zahlen, und einige können sich ein Honorar nicht leisten.
- Eingeschränkte Produktauswahl: Insbesondere bei Sachversicherungen, Krankenversicherungen und sonstigen Risikoabsicherungen ist die Auswahl an Nettotarifen oft begrenzt.
- Fehlende einheitliche Definition: Es gibt keine offizielle, einheitliche Definition für Nettotarife, was die Vergleichbarkeit erschwert.
Die Zukunft der Nettotarife
Experten wie Karoline Mielken von Nettowelt sehen ein enormes Zukunftspotenzial in Nettotarifen. Insbesondere im Bereich der Riester-Rente, wo Bruttotarife aufgrund der 100-Prozent-Beitragsgarantie und niedriger Zinsen kaum noch umsetzbar sind, bieten Nettotarife eine vielversprechende Alternative. Die Debatte um einen Provisionsdeckel rückt das Thema zusätzlich ins Rampenlicht. Es wird erwartet, dass sich der Markt in Richtung verbraucherfreundlicherer und kostengünstigerer Produkte entwickeln wird, ähnlich wie in Großbritannien, wo Provisionen bei der Altersvorsorge bereits verboten sind.
Quellen
- Vertrieb: Keine Angst vor Nettotarifen, Versicherungswirtschaft-heute.
- Warum Nettopolicen Ihr Vermögen für den Ruhestand erhöhen können, FOCUS online.
- Riester in der Nettowelt – „Bruttotarife nahezu nicht mehr umsetzbar“ – Altersvorsorge, Versicherungsbote.
- Die Vermögensfrage: Günstig versichern, FAZ.
- Altersvorsorge 4.0 (Oder: Die Überlegenheit des Nettotarifs), Finanzrocker.